
Fahrverbot für klassische Roller?
Droht das Aus für Vespas und Lambrettas?
Das Gesetz lautet:
§6 Absatz 4
(2) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:
1. zur Abwehr von Gefahren, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen,
2. zum Schutz
a) vor schädlichen Umwelteinwirkungen, die von Fahrzeugen ausgehen, oder
b) der Bevölkerung in Fußgängerbereichen oder verkehrsberuhigten Bereichen, der Wohnbevölkerung oder der Erholungssuchenden vor Emissionen, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen, insbesondere zum Schutz vor Lärm oder vor Abgasen
Die Oldtimer-Szene war entsetzt und startete nur wenige Tage später, am 24. Mai 2021, eine Petition auf dem Portal „openPetition“ mit der Forderung: „Eigentümer von Fahrzeugen, welche vor verschärfenden gesetzlichen Neuregelungen zugelassen wurden, dürfen durch spätere Neuregelungen nicht benachteiligt werden. Bspw. dürfen nachträglich verschärfte Abgasnormen oder Schallschutzgrenzwerte nicht auf bereits zugelassene Fahrzeuge angewendet werden und/oder ihren Bewegungsradius einschränken.“
Ziel dieser Petition ist es:
a) Die Nummern 1 - 4 des Absatz 4 des Paragraphen 6 vollständig streichen zu lassen oder alternativ
b) Die Nummern 2 und 4 des Absatz 4 des Paragraphen 6 vollständig streichen zu lassen oder alternativ
c) den Bestandsschutz für bereits einmal zugelassene Fahrzeuge (unabhängig einer zwischenzeitlichen Abmeldung) im Straßenverkehrsgesetz verbindlich zu verankern.
58.034 (Stand 01.07.21) Menschen unterstützen die Petition mit ihrer digitalen Unterschrift und diskutieren gelegentlich überhitzt zum Thema. Die Angst vor staatlicher Willkür macht sich breit: Ist es der Regierung nun erlaubt, beispielsweise die Nutzung von klassischen Vespas und Lambrettas kategorisch zu verbieten, um die Menschen vor Lärm und Emissionen zu schützen?
Juristen und Politiker geben Entwarnung
„Fahrverbote für historische Fahrzeuge drohen nicht. Technisches Kulturgut auf zwei, drei, vier oder sogar mehr Rädern wird auch weiterhin auf unseren Straßen erlebbar sein. Die jüngste Änderung am Straßenverkehrsgesetz ändert daran nichts. Alles was auf Grundlage des Straßenverkehrsgesetzes heute möglich ist, war auch vor der Änderung bereits möglich. Das Gesetz wurde lediglich sortiert, einfacher formuliert und Ausführungen zusammengefasst. Die Änderung hatte vor allem einen ordnenden Charakter, wie bereits in der Zieldarstellung des Gesetzes betont wird. Inhaltlich geändert wurde lediglich die Absenkung des Alters auf 15 Jahre für den Führerschein AM16. Darüber hinaus kamen keine neuen Formulierungen ins Gesetz und es sind keinerlei Verschärfung vorgenommen worden. Eine sich in der Szene viral verbreitende Petition verkennt Inhalt und Ziele des am 20. Mai 2021 vom Deutschen Bundestag angenommenen Änderungsgesetzes und speziell den Inhalt des kritisierten Paragrafen 6 Absatz 4. Die Aufregung, dass aufgrund der Gesetzesänderung nun Fahrverbote für Oldtimer drohen, ist völlig unbegründet.
Auch wenn sich mit der Novelle materiell-rechtlich nichts verändert hat, muss sich die Szene stets der Verantwortung für das Hobby bewusst sein. Mehrheiten zur Neugestaltung von Gesetzen können sich ändern. Bislang gibt es im Deutschen Bundestag eine Mehrheit, um historische Fahrzeuge, Motorräder und Nutzfahrzeuge erlebbar auf den Straßen zu halten. Auch die Gesellschaft verbindet ein weitgehend positives Stimmungsbild mit Oldtimern. Diese Unterstützung muss durch eine rücksichtsvolle Teilnahme am Straßenverkehr bewahrt werden. Für alle Aktiven sollte daher immer gelten: Die Freude an unserem Hobby vermitteln wir am besten, indem wir rücksichtsvoll unterwegs sind, umsichtig agieren und unnötige Aktionen von vornherein unterlassen.“
Beruhigt sind die Besitzer von historischen Fahrzeugen dadurch allerdings nicht, sie fürchten um ihre Freiheit und ihr Hobby, auch wenn Oliver Luksic, der Sprecher Verkehr & digitale Infrastruktur der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, abwiegelt: „Fahrverbote für Oldtimer oder Motorräder beinhaltet das Gesetz nicht. Dafür bedarf es einer entsprechenden mit Zustimmung des Bundesrates beschlossenen Verordnung. So wie es heute auch schon der Fall ist. Das überarbeitete Straßenverkehrsgesetz ändert daran in der Sache nichts. Wir lehnen die ständige Verbotsdebatten im Verkehr klar ab. Tempolimits, Diesel- oder Motorradfahrverbote sind weder progressiv noch nachhaltig. Wir wollen Entscheidungen mit Augenmaß statt pauschale Einschränkungen im Individualverkehr. Unter dieser Prämisse werden wir uns auch zu zukünftigen Änderungen der StVO verhalten.“
Das Ziel von 50.000 Unterschriften hat die Petition bereits erreicht, der Ausgang der Debatte bleibt aber offen. Sicher ist nur, dass momentan noch alle klassischen Vespas und Lambrettas auf deutschen Straßen fahren dürfen und das ist gut so. Wir gehen nicht davon aus, dass ein bundesweites Verbot unserer geliebten Zweiräder in den nächsten Jahren akut werden wird, aber wir halten die Augen offen und euch auf dem Laufenden. Bis dahin heißt es weiterhin: Ride it like you stole it!
