The forgotten end of the Hoffmann factory 1954
The forgotten end of the Hoffmann factory 1954 (A report by Mika Hahn)
In the 50s, the small, previously unknown factory of war profiteer James Oswald Hoffmann stormed the peak of the German economic miracle. In Lintorf, near Düsseldorf, the ‘Hoffmann-Werke’ built more than 100,000 motorcycles, small cars and above all the German Vespa. In addition to that they built 150.000 bicycles, which made them the largest German bicycle exporter of the time. But in 1954 the "most modern German motorcycle factory" (according to the press) surprised the public with going bankrupt. In a Spiegel article (January 1955), the Director of the Rheinisch Westfälische Bank Walter Karklinat called the event “the biggest and ugliest collapse of the last 20 years." Hoffman was mainly accused of a wrong financial policy. Only a few months earlier he had been internationally celebrated, now the only thing that remained was nationwide ridicule. The public of Germany's economic miracle didn’t show an interest in a more detailed analysis. Rumor had it that the bankruptcy was directed from above, agreed by major German corporations and banks in order to protect established companies that had not yet recovered from the aftermath of war.
Solinger Fahrrad Fabrik Until his rapid rise, Hoffmann was a white sheet of the German car industry. Nobody really knew where he came from or who he actually was. In 1938, the Düsseldorf confectioner's son first participated as a general partner of the Solinger Fahrrad Fabrik, founded in 1934 by Franz Schaaf, in 1943 Hoffmann took over the 400-person business. The war tripled Hoffmann workforce, with "free" laborers. Then followed the rise of a Nazi model factory: 1942 involvement in the development of armory, 1943 Hoffman officially received a decoration from Hitler. 1944, the Hoffmann headquarters were bombed out, but Hoffmann had already started to draw the main capital from rented additional workshops 20 km distant in Gräfrath. The forced laborers’ living conditions there had repeatedly been criticized by the Police Authority of Solingen. Hoffmann procured an access ban for his "war-related operations," and the production of armor for the "final victory" continued until 8 May 1945. This needs to be mentioned at this point because after the war, Hoffmann showed a decidedly Christian approach and he was even said to be related to Cardinal Frings.
Tristesse in Lintorf: Kündigung der Vespa-Lizenz
Doch mitten in die Aufbruchsstimmung kam die erste Hiobsbotschaft: Piaggio kündigte Hoffmann die noch bis 1960 laufende Vespa-Fertigungslizenz. Piaggio sah „plötzlich“, zehn Monate nach der Königin-Präsentation auf der IFMA 1953, die Lizenzverträge durch das Sondermodell „Königin“ verletzt. Piaggios Hauptargument war Hoffmanns Motor-Modifikation, die „Anhebung“ von 4,5PS auf 5PS. Hoffmann konfrontierte Piaggio damit, dass sie selbst im italienischen „Modell 53“ eine Leistung von 5 PS angegeben hatten.
In einem Antwortschreiben erklärten die Italiener, dass die „Abrundung nach oben eigenes Recht“ wäre und Hoffmann dies nichts angehen würde. „Wenn die Vespa angeblich nicht mehr der Lizenz entspricht, dann bezahle ich auch keine Gebühren mehr…“, sagte Hoffmann zu seinem Hausjuristen Hassel und übergab den Piaggio-Brief dem Düsseldorfer Landesgericht.
Messerschmitt und BMW — die kriselnden Riesen
Verwunderlich ist, dass die Kündigung der Vespa-Lizenz zu einem Zeitpunkt erfolgte, als Hoffmann die Produktion der Autokabine bekannt gab, denn pikanterweise war der Vespa-Lizenz-Nachfolger die Firma Messerschmitt, ehemaliger Flugzeugbauer wie Piaggio. Das Augsburger Unternehmen durfte nach dem Krieg keine Flugzeuge mehr produzieren, fertigte stattdessen den „Kabinenroller“, der das gleiche Segment besetzte wie Hoffmanns Kleinwagen. Messerschmitt selbst drückten fünf Millionen DM Schulden, 150.000-200.000 DM verschlang die Produktion des Kleinwagens jeden Monat, der Verkauf stagnierte 1954. Dies gefährdete das ganze Unternehmen.
Angeklagt: Hoffmann gegen BMW
Im November 1954 überschlugen sich in Lintorf die Ereignisse. Hoffmann war von BMW und den Mailänder Iso-Werken angeklagt worden, dass die Autokabine 250 ein sklavischer Nachbau der Isetta sei. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Isetta noch nicht von BMW gebaut, Hoffmann genoss einen Zeitvorsprung. Hoffmann reagierte auf den Plagiats-Vorwurf mit einer negativen Feststellungsklage und fühlte sich siegesgewiss. Was allerdings zu optimistisch von Hoffmann war, denn die Autokabine war der Isetta in der Tat sehr ähnlich. Hoffmann ging selbst in die Offensive und bezeichnete die Isetta in der Presse als „Bambino der Autokabine“. Sozusagen sei die Isetta das eigentliche Plagiat. „Die Vespa ist auch kopiert worden“, sagte Hoffmann zu seinem Entwicklungschef Röger, der vor möglichen Konsequenzen gewarnt hatte. Man sollte anmerken, dass andere Kleinwagen-Hersteller nicht verklagt wurden. Die Heinkel-Kabine wies ebenfalls optische Ähnlichkeiten mit der Isetta auf. Bei BMW war die wirtschaftliche Lage, ähnlich wie bei Messerschmitt, sehr angespannt. Auch BMW hatte schwer mit den Folgen des Zweiten Weltkrieges zu kämpfen. Der Fahrzeugbau in Eisenach war verloren, dazu die Flugmotorenwerke Brandenburg und Eisenach. 95 % der Produktion von 1943 bestand aus Motoren für die Deutsche Luftwaffe, der Umsatz (1943: 653 Mill. RM) war gigantisch. Nach dem Krieg produzierte BMW auf Vorkriegskonstruktionen basierende Ein- und Zweizylinder-Motorräder. Und auch Oberklasse-Limousinen, deren Produktionskosten aber sehr hoch waren. Die Isetta lockte mit hohem Gewinn und der Trendwende für BMW.
Arbeiterkrimi
Noch ehe es zu einer Klärung kommen sollte, kam der Niederschlag für Hoffmann: Die Rheinisch-Westfälische Bank, Hoffmanns Hausbank, verweigerte schon sicher zugesagte Kredite in Höhe von 500.000 DM. Am 25. November 1954 reichte das Lintorfer Werk die Insolvenz ein, um durch eine Auffanggesellschaft das Unternehmen zu sichern. Die Arbeiter fanden statt ihrem Wochenlohn nur 20 DM, Väter mit Kindern 25 DM in ihrer Lohntüte. Daraufhin besetzten am 12. Dezember 1954 358 Arbeiter das Werk: „Wir haben Hunger“ und „Wir verlassen das Werk nicht eher, bis unser Lohn ausgezahlt ist.“ stand auf Plakaten der Arbeiter, die sie an den Werksmauern anbrachten. Der heute 82-jährige Franz Kunert, damals Schleifer, erinnert sich an diesen Tag: „Im Winter 1954 konnten nur so genannte „Butterspenden“ aus den umliegenden Gemeinden das Überleben einiger Familien sichern. Der alte Hoffmann war wie ein reicher Onkel aus Amerika, der hatte doch immer Geld. Und dann kam dieser stolze Mann, stellte sich vor uns, sagte nichts und wölbte nur seine leeren Hosentaschen nach außen.“ Das war eindeutig. An diesem Tag schlug der Protest in Resignation um. Zwei Wochen lang besetzten die Arbeiter das Werk, versuchten es zu retten. Die Arbeiter offerierten Lohnverzicht, doch selbst das konnte nicht helfen. Um die erste Notsituation zu lindern soll Jakob Oswald Hoffmann, laut offiziell verbreiteter Variante, Teppiche und Bilder aus seiner Villa für einen Spottpreis an einen Pfandleiher verhökert haben. Schlimm war die Situation auch außerhalb des Werkes bei vielen Händlern und Handwerkern, die gutgläubig den bis zuletzt positiven Meldungen glaubten, bis es dann zu spät war. Einige hatten sich mit Wechseln überschuldet. Ein Händler in Hamburg, der mit der Kabine spekuliert und bereits 120 Fahrzeuge anbezahlt hatte, sowie ein Grossist in Karlsruhe, begingen Selbstmord. Diese Meldungen erschienen in keiner Zeitung.
Rheinisch-Westfälische Bank: Verbindungen zu BMW und Messerschmitt
Welche Rolle spielte die Bank? „Hoffmann ist das Bauernopfer, um BMW und Messerschmitt zu retten“, sagten damals viele. Hoffmanns Geldgeber, die Rheinisch-Westfälische Bank AG, war eine Nachfolgebank der von den Alliierten dezentralisierten und 1957 wieder fusionierten Deutschen Bank. Pikant war, dass die Konkurrenten BMW und Messerschmitt die gleiche Hausbank hatten und es enge Verbindungen zwischen den Unternehmen aus der Zeit vor 1945 gab. In der NS-Zeit war Hans Rummel gleichzeitig Vorstand der Deutschen Bank und Aufsichtsratvorsitzender bei BMW. Im 10-köpfigen Aufsichtsrat saßen mit Victor von Rintelen (Leiter der Filiale DBMünchen) und Max H. Schmidt (DB Aufsichtsrat) weitere Mitarbeiter der Deutschen Bank. Aber auch in umgekehrter Richtung gab es Beziehungen: Franz Popp, ehemaliges Vorstandsmitglied von BMW und später im Aufsichtsrat, saß im Beirat der Deutschen Bank für Bayern. Aufgrund von Vertretungsvollmachten ihrer Kunden verfügte die Deutsche Bank über etwa 50 % Stimmrecht der BMW-Aktien. Die Deutsche Bank hatte Messerschmitt in der Kriegszeit mit seinen zahlreichen Tochterunternehmen Millionen-Kredite gewährt, die im Zuge der Rüstungsproduktion gute Rendite einbrachten. Messerschmitt beschäftigte 1945 über 45.000 Arbeiter, allein das Zweigwerk Regensburg erzielte einen Umsatz von 87 Millionen RM. Zwischen den bayerischen Unternehmen BMW und Messerschmitt gab es zahlreiche Verbindungen. Beispielsweise wurde die ME 262 im Jahre 1941 für Erprobungszwecke mit zwei BMW 003 Turbinen-Triebwerken ausgestattet. Man kannte sich also in Augsburg und München…
Wer wissen möchte, wie dieser Nachkriegs-Wirtschaftskrimi weiterging, kann hier das PDF-Dokument bis zum Ende lesen.
Wir danken dem Autor Mika Hahn für die Bereitstellung dieser spannenden Geschichte. Mika Hahn schreibt an einem ausführlichen Buch über die Hoffmann-Geschichte, das zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden soll.
Mika Hahn ist auch Co-Autor des Buchs Vespa Forever, das leider vergriffen ist.