
Lambretta unter dem Hammer

Die Geschichte des Rollers aus dem Mailänder Stadtteil Lambrate ist wahrlich eine bewegte. Und in diesem Jahr scheint ein weiteres Kapitel aufgeschlagen zu werden, denn die Marken „Lambretta“ (Roller) und „Lambro“ (Dreirad) werden am 08. Juli in einer Auktion feilgeboten. Verkäufer ist die bekannte Company „Scooters India Limited“ (S.I.L), die im Jahr 1972 alle Fertigungsmaschinen von Italien nach Indien verfrachtete und bis zum Ende der 1990er Jahre Lambrettas herstellte.
Das Werk „Società Anonima Fratelli Innocenti“ wurde bereits 1931 von Ferdinando Innocenti gegründet. Im Krieg wurden Güter für die Front hergestellt, aber nach Ende desselben erkannte Innocenti, ebenso wie ein gewisser Herr Piaggio, dass das Volk wieder mobil gemacht werden musste. Während sich Piaggio einer gewissen Vespa widmete, die Weltruhm erlangen sollte, lief im Werk von Ferdinando Innocenti 1947 der erste Roller namens „Lambretta“ vom Band. Erdacht und konstruiert vom Ingenieur Pierluigi Torre.
In den kommenden Jahren produzierte allein das Werk in Italien mehr als vier Millionen Fahrzeuge. Lizenznehmer gab es in Deutschland (NSU), Frankreich (Fenwick), Spanien (Serveta), Brasilien (Pasco), Kolumbien (Auteco), Argentinien (Siambretta) und Indien (API). Die Erfolgsgeschichte spannte sich über die nächsten Jahrzehnte und unvergessen ist die Werbekampagne mit dem damaligen Sexsymbol Jayne Mansfield. Die Italiener ließen ihr sogar eine eigene goldfarbene Lambretta TV175 bauen. Allerdings wurde diese vom Hollywood Star niemals abgeholt, steht aber heute noch im Lambretta-Museum in Rodano.
Selbst nachdem die Produktion im Jahr 1971 aufgrund der veränderten Marktsituation eingestellt werden musste, lebte die Legende Lambretta weiter. Nicht zuletzt auch durch Filme wie „Quadrophenia“ (1979), in dem Protagonist Jimmy (Phil Daniels) auf einer Lambretta die Ära der großen Rivalität zwischen Mods und Rockern in Großbritannien erlebt. Die Jugendbewegung der englischen Mods war eng mit dem Stil und Lebensgefühl rund um diesen Roller verbunden.
Immer wieder gab es juristische Streitigkeiten um die Namens- und Markenrechte, was dazu führte, dass in 2000ern gleich drei Hersteller Lambrettas auf den Markt brachten, die aber mit den ursprünglichen Modellen nichts mehr gemein hatten. Dabei hat die Lambretta auf der ganzen Welt treue Fans und auch der Lambretta Club Deutschland ist nach wie vor aktiv.
Im Motorsport sorgte 2010 die Meldung über die Rückkehr der Lambretta auf die Rennstrecke für Furore. Allerdings konnte die 125 ccm Maschine der „Lambretta Reparto Corse motorsport division“ mangels Topspeeds nur einen mageren WM-Punkt in der Moto3 Klasse einfahren. Im Jahr 2017 nahm sich die österreichische KSR Group des Zweirads an und produziert seitdem, mit dem Segen des Namensrechteinhabers, ein Lambretta namens V-Special, die bei den Fans bestenfalls auf stirnrunzelndes Wohlwollen stößt. An den Erfolg des Rollers aus der italienischen Nachkriegszeit konnte kein Hersteller je wieder anknüpfen.
Wer am 08. Juli mitbieten möchte, muss sich zunächst bei MSTC registrieren und dann 37.000 US-Dollar als Sicherheit hinterlegen. Der Startpreis liegt bei 7.210 $. Oder sind es 72.100 $? Wir sind uns nicht ganz sicher. Geboten wird in 3.000 $ Schritten. Zusätzlich zu den Marken „Lambretta“ und „Lambro“ erhält der Gewinner der Auktion auch Design-Studien, die vorher in den Büros von S.I.L. begutachtet werden können. Wir sind gespannt, wer den Zuschlag erhält und werden die Entwicklung dieser Kult-Marke auch in Zukunft beobachten.
Wer mehr über die Lambretta erfahren möchte, sollte sich unseren Blog und Video zur Modellkunde durchlesen bzw. anschauen.